Dienstag, 22. Januar 2013

Tauwetter

Wenn ich denke, ich vermisse
und versuch, mich zu erinnern,
seh ich nur vergilbte Fotos,
in denen selten Farben schimmern
und davor oder dahinter
ist nichts mehr da, was war,
in meinem Kopf herrscht tiefster Winter,
grau zugeschneit, erfroren, zwar
habe ich versucht zu tauen,
am Feuer, im Solarium,
irgendwas wieder aufzubauen,
rekonstruieren, sei´s drum,
wenn dabei die Fotos brennen,
dann wär zumindest Rot im Grau,
bis dahin muss ich weiterrennen,
wohin, das weiß ich nicht genau.

Liebe heutzutage

Der Abend kann beginnen,
wir stehen im Blitzlichtgewitter prickelnder Erwartung.
Harren der Dinge, die noch kommen werden,
überbrücken die zwischenmenschlichen Gräben mit Bier und Gin Tonic,
überschreiten die Grenzen und strecken unsere Hände aus,
berühren und sehnen uns danach berührt zu werden,
tief im Innern, aber nicht irgendwo anders,
sondern in unserer Seele.
Aber wir wissen,
dass dies nicht der richtige Ort,
nicht die richtige Zeit,
nicht das richtige Leben ist.
Also tanzen wir
und bieten nicht nur unsere Körper sondern auch unsere Seelen an.
Zum Preis einer Illusion,
die nicht länger halten wird als ein starker Rausch.
Vielleicht bleibt ein kleiner Lichtblick,
eine Streicheleinheit fürs Ego
neben dem Schmutz der Enttäuschung.

Show goes on

Tausend Pläne für die Zukunft,
ohne Vernunft,
voll Phantasie,
auch wenn es nie
was wird,
sich im Wahnsinn verirrt
und verheddert in Lametta und Girlanden
stranden
wir irgendwo,
leben dann so
vor uns hin,
mit hochgerecktem Kinn,
frei von Plan und Ziel,
nur Leben, was man will.

In guter Gesellschaft

Euer Atem
ist das Leben,
das schon vor Jahren meinen Körper verließ.
Eure Stimmen
sind die Schreie,
die meine Seele Tag für Tag lautlos hinaus brüllt.
Eure Augen
sehen bunt und farbig,
auf die blasse Welt, die mir so grau in grau erscheint.
Eure Körper
tun die Dinge,
die meine leere Hülle nicht mehr zu Stande bringt.
Eure Liebe
ist nich meine Liebe,
wärmt mich nicht.
Euer Leben
ist nicht meins.
Aber ich merke durch euch,
dass ich entgültig tot bin.

Donnerstag, 17. Januar 2013

Rundgang

Rennen, die Zeit einzuholen,
erschöpft die Welt
wieder als Scheibe zu sehen
und falls wir in der
Zukunft landen,
müssen wir einfach
rückwärts gehen,
nur auf den Rand
der Welt aufpassen
nicht drübertreten und fallen,
notfalls festkrallen,
bis die Welt sich vor Lachen
kugelt.

Freitag, 11. Januar 2013

Ausverkauft

Ich kann das Leben nicht mehr kriegen.
Der Supermarkt hat zu und im Kiosk
haben sie das nicht.
Ich hab schon im Internet geguckt,
aber die brauchen zu lange mit dem Liefern.
Ich kann nicht mehr warten.
Ich brauche es jetzt oder nie.
Aber hätte ich überhaupt genug Geld?
Wieviel kostet das Leben?
Also so ein tristes, trauriges müsste ja schon
recht günstig sein.
Aber so ein tolles, glückliches?
Ob ich mir das überhaupt leisten kann?
Vielleicht kann ich ja
auch ein mittelmäßiges kaufen
und dann ein bisschen aufpimpen.
Aber egal, ich kann ja sowieso keins mehr kriegen.

Sonntag, 6. Januar 2013

Streichhölzer

Uniformiert,
parallele Striche,
hölzern und steif,

wie Sardinen in der Büchse,
eingesperrt, eingeschläfert,
bis der wutrote Kopf sich entzündet
und wir in Flammen aufgehen,
uns verzehren, zerfressen
für einen kurzen Moment
der verglüht im Nichts,
erstickt, verpufft,
oder die ganze Welt entzündet
und alles verändert,
sie erwärmt und erhellt
oder zerstört und zerfetzt.
Hass oder Liebe?
Wer ist der Nächste?